KELLERKULTUR - ab April 2020

Als Fotograf möchte ich mich dem Keller widmen, die seltsame Furcht davor ist der bildlichen Neugier gewichen, die am Ende in der Fotografie immer die Oberhand behält.

„Wenn du nicht lieb bist, kommst du in den Keller“. Diese Drohung meiner Großmutter, ausgesprochen in der dritten Etage eines Altbaus aus dem 19. Jahrhundert, hatte seine Wirkung nie verfehlt. Aus Furcht vor einem Keller, in dem es keinen Strom gab, war ich folgsam. Im Keller gab es nur Kohlen, mehr nicht. Der Keller war schwarz. Er war das Gegenteil von Licht.

Der Erwachsene hat die rhetorischen Disziplinierungstricks der Eltern lang schon durchschaut und wenn er Fotograf ist, verkehrt sich, wie in meinem Fall, das Objekt ehemaliger Furcht plötzlich, in einem schon fortgeschrittenen Alter, in eines des gestalterischen Interesses. Anstatt nun aber hier im Weiteren einer biografischen Spurensuche Folge zu leisten, gehe ich lieber auf die Semantik des Kellers ein.

Was ist der Keller? Wer ihn nicht hat, vermisst ihn oft - und muss seinen Krempel anderswo abstellen.

Der Keller ist die Stelle im Haus, wo das unmittelbar und alltäglich nicht mehr Verwendbare außer Kraft gesetzt wird, aber dies nur so lange, bis es bei Bedarf sofort wieder hervorgeholt werden kann. Der Keller ist das häusliche Depot für die einstweilen überflüssigen Dinge. Er ist aber auch die heimliche Schaltzentrale, von der die wichtigsten Leitungen, Verkabelungen und Rohre ausgehen. Das macht ihn zur Lebensader des Hauses.

Klar ist der Keller auch ein Symbol; für den dunklen Untergrund, für das Unaufgeräumte, für das Geheimnisvolle, das Verdrängte, „wieviel Leichen hast du im Keller“…..?
Von der Psychologie zum Objekt fotografischer Attraktivität: was gibt der Keller preis, welche Schätze oder Kuriositäten gibt es in ihm zu sehen? Der Fotograf, zumindest einer wie ich, ist ein Positivist. Im Gegensatz zu den fotodigitalen Malern ist er ausschließlich interessiert an dem, was er in der Wirklichkeit vorfindet, nicht an dem, was er computertechnisch als Versatzstück daraus machen kann. Es ist eine bescheidene Form der Neugier, ich bekenne mich dazu. Schauen wir also, welche Bilder in der Kellerkultur lagern und welche Geschichten sie über die Menschen in den Häusern erzählen.

Für dieses Projekt steige ich ab sofort in den Keller und zeige euch hier erste Bilder.